Ein Gespenst geht um in Hamburg – das Gespenst des Aufsichtsrats.
Alle Jahre wieder wird über die Besetzung dieses Gremiums debattiert, werden die angeblichen Vorzüge möglicher Kandidaten angepriesen, werden neue alte Hoffnungen wiederbelebt. Denn von nun an wird alles besser werden. Ganz bestimmt. Man muss nur fest genug daran glauben.
Aktuell werden im Vorfeld der Neuwahl gleich mehrere Kandidaten durch den Wolf medialer Aufmerksamkeit gedreht. Und schon endete der erste als kleinteiliges Gekröse. Einer der Auserkorenen, der Kandidat Karl J. Pojer, Geschäftsführer von Hapag-Lloyd, ging bereits von Bord bevor das Schiff auch nur ablegte. Wer will es ihm verdenken?! Da weht `ne steife Brise, das muss man sich nicht unbedingt geben.
Dabei schien es doch so schön zu passen: HSV, Hamburg, Hafen, Pfeffersäcke. Da riecht man doch das Me(h)er, da winken schöne Strände in weiter Ferne, eine goldene Zukunft. La Paloma, olé!
Aus der Traum.
Ein Kandidat bleibt aber unverändert Marcell Jansen, seines Zeichens Ex-Spieler des HSV. Hat vor einigen Jahren eine Firma gegründet und sich im Hamburger Weg engagiert. Mehr ist mir über seinen beruflichen Werdegang nach seinem Karriereende als Kicker derzeit nicht bekannt. (Damit wir uns an dieser Stelle nicht missverstehen: Das erscheint mir durchaus respektabel und ist aller Ehren wert.) Wobei…doch, die eine oder andere seiner Wortmeldungen in den letzten Jahren zum HSV habe ich zur Kenntnis genommen. Und ja, es gab schon gröberen Unfug zu lesen und zu hören von ehemaligen Spielern. Da muss man gar nichts erst bis nach Aserbaidschan reisen.
Allein es sei die Frage gestattet: Reicht das bereits, um sich als Aufsichtsrat der Fußball-AG des Hamburger Sportvereins zu qualifizieren? Reicht es, wenn man aus Spielerperspektive Profifußball erlebt hat, wenn als eines der augenfälligsten Merkmale die Tatsache erscheint, dass man „Cello“ gerufen wurde? Es soll Vereine geben, etwa diesen notorisch erfolgreichen Verein im Süden der Republik, die hier als Vorbild taugen könnten. Dort, im Süden, legt man denkbaren Kandidaten für etwaige Ämter nahe, dass sie sich nach Karriereende nachweisbar einschlägig qualifizieren. Studium, Hospitanzen, Praktika. Je einschlägiger und fundierter desto besser. Ein „Brazzo“ zu sein, schadet dort nicht, allein reicht das aber bei dem Verein nie und nimmer.
Nur zur Erinnerung: Hamburg sei das Tor zur Welt, so will es der Hamburger bekanntlich wissen. Aber wer seine Nase immer nur am Tor platt drückt, der bleibt Zuschauer, der verpasst die Welt, denn die beginnt hinter dem Tor.
Ich möchte einen anderen Kandidaten vorschlagen: Dennis Diekmeier. Hammer, oder? Ein Name wie ein Donnerschlag in den Ohren jedes HSVers!
„Dieki“ ist so richtig HSV. Einst mit großen Erwartungen aus Nürnberg gekommen, m.E. damals(!) durchaus mit dem Potenzial Nationalspieler zu werden, macht er seit Jahren seinen Job. Nach hinten hui, nach vorne…äh, da schweigt des Sängers Höflichkeit. Der gute Dennis (ich mag ihn!) erinnert mich immer an meine eigene kurze Karriere im Fußball. Schnell, robust aber technisch dann doch limitiert. Wirklich guter Fußball und wir, das ist wie: auf den Sprungturm in 10 Metern Höhe steigen, ordentlich posen und dann kleinlaut wieder die Leiter hinunter klettern, das ist wie eine Flanke, die niemals ankommt, ein beständig nicht eingelöstes Versprechen. Das ist, schämen wir uns nicht und sprechen es ruhig aus: ein ewiger Coitus interruptus! Und dies inzwischen als Urgestein, als dienstältester Spieler. Also wenn das nicht zum HSV der letzten 30 Jahre passt, einem Verein, der es immer noch wagt Top-Zuschläge zu erheben statt seinen leidgeprüften Fans den redlich verdienten Pflaumen-Nachlass zu gewähren, dann weiß ich auch nicht.
Dennis – mach(t) ihn rein!